2024: jeden letzten Dienstag im Monat:

Erzählcafé mit Poesie  -  im geschlossenen Kreis.

                                             

 

                                                                                                   Gedicht des Monats  

 

AUS EINEM APRIL

 

Wieder duftet der Wald.

Es heben die schwebenden Lerchen

mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;

zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war, -

aber nach langen, regnenden Nachmittagen

kommen die goldübersonnten

neueren Stunden,

vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten

alle die wunden

Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.

 

Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser

über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.

Alle Geräusche ducken sich ganz

in die glänzenden Knospen der Reiser.

 

                                                                Rainer Maria Rilke

 

© Insel Verlag, Frankfurt am Main, Die Gedichte, 12. Aufl. 2001.